TRANSLATIONS of "ASCENTS OF SOUL" PROGRAMME NOTE
Wie spielt man ausdrucksvoll auf dem Cembalo? Der Ton wird durch einen Zupfmechanismus erzeugt und nicht wie bei der Laute oder Gambe direkt durch den Finger des Spielers. Es gibt weder lauteres oder weicheres Zupfen noch die verschiedenen Stimmfärbungen eines Klaviers. Man kann zwar Register wechseln, was einen jedoch mit denselben Einschränkungen in einer anderen Klangfarbe zurücklässt. Der einzige Ausweg ist die Variation der Tonlänge, das Spiel einer Note in Bezug auf eine andere, das Spiel mit der Erwartung auf einen Ton und wie lange man einen Ton erklingen lässt. Obwohl dies nicht viel zu sein scheint, wussten die Komponisten des hier vorliegenden Programms genauestens diese Möglichkeiten auszuschöpfen. Sie waren und sind bis heute die unangefochtenen Meister der expressiven Cembalomusik.
Chambonnières ist zweifelsohne die Vaterfigur dieser Komponisten. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts entwickelte er basierend auf den empfindsamen Melodien des air de cour einen neuen Stil: Die gebrochenen Harmonien des style brisé, bei denen die Töne mehr hintereinander als gleichzeitig gespielt werden, ermöglichen das Klangkontinuum zur ausdrucksvollen Gestaltung der Musik. Zeitgenossen beschrieben, dass er das Cembalo auf geradezu magische Weise zum Klingen brächte; schon beim Spiel eines einzigen Akkords sei sein Spiel sofort als das Seinige erkennbar. Denselben Zauber erkannten sie auch in Frobergers Spiel.
Louis Couperin war ein Schüler Chambonnières wie vermutlich auch D’Anglebert, der später Nachfolger Chambonnières als Cembalist am Hofe Ludwig XIV wurde. Louis Couperin übertraf Chambonnières im Reichtum der Harmonien und Strukturen und in einem sehr viel reicheren Ausdrucksvermögen. Angeregt wurde er hierzu durch den Deutschen Froberger, eines der innovativsten Musikgenies des 17. Jahrhunderts. Die Klarheit des Stils in Frobergers Kontrapunkt-Fantasien machte sie für mehr als hundert Jahre zu einem anerkannten Kompositionsmodell, bis zu Beethoven in seinen späten Streichquartetten. Als kaiserlicher Organist reiste Froberger von Wien aus nach Rom, um bei Frescobaldi zu studieren, wo er möglicherweise Pierre Gaultier, einem französischen Lautenisten im Gefolge des Prinzen Eggenberg, dem dortigen kaiserlichen Botschafter, begegnet sein mag. Beeinflusst von den vielen französischen Lautenisten, die zu der Zeit in den deutschen Gebieten angestellt waren, entwickelte Froberger seinen eigenen, sehr persönlichen freien Stil, der am expressivsten in seinen Lamenti zu finden ist, die mit den unmensurierten Präludien der Lautenisten verwandt sind. Obwohl diese in Rhythmen notiert sind, sind sie „avec discretion“, d.h. mit rhetorischer Freiheit, zu spielen.
Ferdinand III, dem Monteverdi sein achtes Madrigalbuch gewidmet hat und der Ehrungen von vielen Musikern erhalten hat, kam aus einer Linie sehr musikalischer Kaiser des heiligen römischen Reiches. Frobergers Lamentation auf dessen Tod 1657 ist eine kraftvolle Leichenrede in der bedeutungsgeladenen Tonart f Moll mit einer durchgängigen Dur/Moll Doppeldeutigkeit, die eine einzigartige Eindringlichkeit erzeugt. Ferdinands Sohn und Erbe Ferdinand IV, der als Thronnachfolger den Titel des römischen Königs trug, verstarb 1654 vor seinem Vater. Froberger schrieb diverse Stücke für ihn, einschließlich einer Suite, bei der jeder Satz einem Mitglied von Ferdinands Familie gewidmet war. Das Lamento ist ein klassisches Beispiel eines Lamentos in Dur. Klarer in der Aussage als jenes für Ferdinand III endet es mit einer steigenden Tonleiter, die den Aufstieg von Ferdinands Seele in den Himmel zu symbolisiert. Im Manuskript wird dies durch eine Zeichnung von Wolken und einladenden Engeln am Ende der Tonleiter verdeutlicht.
Der Einfluss Frobergers auf Louis Couperin wird äußerst deutlich in seinem Tombeau de M. de Blanrocher, einem talentierten adligen französischen Lautenisten für den Froberger ebenfalls ein Tombeau schrieb. Wiederum in Dur, kommt es an zwei Stellen zu Reibungen, festen Wiederholungen, die an König Lears herzzerreißende Zeilen: „Never, never, never, never, never.“ erinnern. Louis Neffe François benutzte den gleichen Effekt in seinem tragischen La Ténébreuse in c Moll. Die Pavane ist eines von Louis bedeutendsten Stücken. In einer mächtigen vierstimmigen Struktur mit sehr ausdrucksstarken Dissonanzen enthält sie sowohl Elemente eines Gambenconsorts als auch eines Orgelrezitativs und vermittelt durch den herrschaftlichen Daktylenrhythmus der Pavan, den Effekt einer feierlichen Prozession. Die seltene Tonart fis Moll zeigt die Komplexität von Louis Stil und Harmoniebehandlung, wobei die zurückhaltene Einführung der am stärksten dissonanten Note einen brennenden Eindruck hinterlässt.
Fischer wirkte gegen Ende des Jahrhunderts, als alles Französische und insbesondere die Musik Lullys an den deutschen Höfen an Einfluss gewann. Seine Orchestersuiten sind im reinsten Stile Lullys geschrieben. Der Musicalischer Parnassus feiert den Berg, auf den Apollo die neun Musen zum Tanz führt. Urania, die Muse der Astronomie, hält in strahlendes Blau gekleidet mathematische Instrumente. Die Toccata ist angefüllt mit den französischen, expressiven Dissonanzen, von denen Bach so viel gelernt hat. Die anderen Sätze kombinieren die traditionelle Solosuite (wie bei Froberger) mit leichteren Tänzen im Stile Lullys (Gavotte, Rigaudon, Menuett), alles in Fischers einzigartigem, attraktiven, französischen Stil geschrieben. Eine neue opernhafte Dimension wird in der Sarabande deutlich; während Frobergers Sarabende ein moderater Satz ist, bei dem der zweite Schlag an einen geschrammelten Lautenakkord erinnert, ist Fischers Version eher verwandt mit einem Lamento von Purcell. Das Stück endet mit Uranie, einer Reminiszenz an Lullys passecaille.
Abschließend die Ehrung des vielleicht größten all dieser Cembalisten, vielleicht sogar aller Cembalisten, Chambonnières. Das Tombeau ist im Stil eher mit den Dur-Lamenti Frobergers als mit allen anderen Stücken Chambonnières zu vergleichen. Das glänzende D Dur, die noble Galliard, die ausgesprochene Reichhaltigkeit der Verzierungen verbinden sich mit der gewissen, zeitlos erscheinenden, Majestät D’Angleberts, in der wir die Quintessenz von Frankreichs grand siècle erkennen können.
Programme Note: Professor David Ledbetter
Translation: Nicola and Martin Arndt
French Translation to follow